Zunehmende Schwierigkeiten bei internationalen Entsendungen
Global Mobility aktuell: In Zeiten wachsender internationaler Barrieren zuverlässig Mitarbeiter in das Ausland entsenden
In diesem Artikel geht um die zunehmenden Schwierigkeiten bei Entsendungen von Mitarbeitern. Wir erläutern die Thematik und geben Hinweise, worauf man speziell achten muss. Es gibt auch eine Checkliste am Ende.
Das Ende der globalen Willkommenskultur für Fachkräfte kündigt sich an
In einer Welt, in der die Nationen sich vor Migrationsströmen, vermeintlicher Kriminalität und Überfremdung schützen, gerät leider auch die grenzüberschreitende Beschäftigung mit in die Mühlen. Relocation-Agenturen wie Anders Consulting bekommen das spüren: Verschärfte Gesetze, konsequentere Anwendung der bestehenden Gesetze und mehr drohende Sanktionen – besonders im Ausland – sind die Folge. Leider gilt das auch ganz klar für die EU.
Arbeitgeber sollten das bedenken, wenn Sie freihändig, d.h. ohne Einschaltung von Experten für Aufenthaltsrecht, Vertrags- und Arbeitsrecht, Sozialversicherung, Steuern u.s.w. Entsendungen gestalten und dabei ein hohes Risiko eingehen, weil in diesen Fällen wie immer gilt: Unwissenheit schützt vor Strafe nicht. Auch nicht vor hohen finanziellen Schäden!
Nationalistische, identitäre und populistische Tendenzen führen in vielen Ländern zu einer negativen Grundeinstellung gegenüber Zuwanderung, auch wenn es sich um qualifizierte Zuwanderer oder normale Arbeitskräfte handelt, die eigentlich dringend gebraucht werden. Die Wiederwahl Donald Trumps 2025 zeigt deutlich, dass traditionelle Einwanderungsländer die Grenzen einfach dicht machen und sogar Mitbürgern ehemaliger Partnerländer schikanieren. Auch illegale Abschiebungen gehören in vielen Ländern lägst zum guten Ton. Die Barrieren für Entsendungen oder internationalen Personalaustausch werden damit höher und höher.
In vielen anderen Ländern – auch in Europa – ist die notwendige Willkommenskultur längst in eine Abschreckungskultur umgeschlagen. Das populistische „Volksempfinden“ differenziert leider nicht zwischen Asylanten und Spezialisten. Und die Politik bedient das Ressentiment. Und selbst wenn die einwanderungswilligen Fachkräfte seitens der Wirtschaft willkommen wären, die fremdenfeindliche Grundstimmung schreckt auch die „guten Ausländer“ ab.
Auch Entsendungen und qualifizierte Zuwanderung von Fachkräften nach Deutschland werden nicht wesentlich leichter
Dazu kommen chronisch überlastete Verwaltungsapparate, die mit der Vielzahl von Neuregelungen, die eigentlich der Lösung des Problems der zu niedrigen Fachkräfteeinwanderung dienen sollen, überfordert sind. Geänderte Verfahren bedeuten eben nicht, dass die Verfahren auch schneller oder besser würden. In Deutschland ist das Problem so virulent wie anderswo: Schon länger vergeben die deutschen Botschaften 12-Monats-Visa bei Einreise, weil die Ausländerbehörden innerhalb der bisher üblichen 6 Monate zu oft keinen Termin anbieten können. Früher waren es sogar nur 3-Monats-Visa. Ähnliche Entwicklungen gibt es überall in Europa.
Wenigstens hat der deutsche Gesetzgeber, wenn auch mittels wiederholter Flickschusterei, das Fachkräfteeinwanderungsgesetz (FEG 2023) auf den Weg gebracht. Das schon in der vorangegangenen Novellierung enthaltene beschleunigte Fachkräfteverfahren rettet den Unternehmen, die auf Fachkräfte aus Drittstaaten angewiesen sind, nun den Allerwertesten. Ohne IT-Spezialisten aus Indien, Pflegekräfte von den Philippinen und Berufskraftfahrer aus Südafrika geht in Deutschland sonst bald buchstäblich das Licht aus.
Auch wenn man behördenseitig guten Willens ist, die personellen und organisatorischen Ressourcen reichen bei weitem nicht aus, Deutschland mit den benötigten Fachkräften auszustatten. Von einer groß angelegten Anwerbung kann ebenfalls nicht die Rede sein. Und so rekrutieren auch nur 6% der deutschen Unternehmen effektiv im Ausland. Die anderen Arbeitgeber zögern aus den verschiedensten Gründen, von denen die allermeisten hausgemacht sind.
Dass es weltweit wieder schwieriger wird, grenzüberschreitende Personaltransfers zu bewerkstelligen, überrascht uns nicht mehr
„Schon seit einigen Jahren gibt es einen Trend, dass der bürokratische Teil von Entsendungen schwieriger wird, weil weltweit die Zügel der Einwanderung gestrafft wurden. Auch Sanktionen nehmen zu. Fast überall reagieren Regierungen auf die populistischen Begehren des Wahlvolks und erschweren die Einwanderung. Doch wer auf Flüchtlinge zielt, trifft irgendwie alle Ausländer. Daher wenden wir bei Anders Consulting uns entschieden gegen Populismus und Fremdenfeindlichkeit!
Sie als Arbeitgeber, der sein Unternehmen international aufstellen will, haben darunter zu leiden: Der indische Kollege will nicht nach Polen, weil er Angst hat, auf der Straße verprügelt zu werden und das Arbeitsvisum für die USA kostet Tausende von Euro in Form von verbrauchter Arbeitszeit, Gebühren und Anwaltshonoraren – wenn es denn überhaupt klappt.
Das macht alles zunehmend weniger Spaß. Darum sagen wir ja immer: Machen Sie doch einfach Ihr Problem zu unserem. Wenn Sie Entsendungen ins Ausland selbst managen wollen, stehen die Chancen leider gut, dass Sie an irgendeinem Punkt reinfallen und Lehrgeld zahlen. Vielleicht brechen Sie sogar genervt das Abenteuer Auslandsexpansion ab. Das muss nicht sein. You’ve got a Friend in Germany!“
Die bürokratischen Hürden für Entsendungen ins EU-Ausland
Die Entsendung von Mitarbeitern ins EU-Ausland bleibt auch im Jahr 2025 eine komplexe Herausforderung, da zahlreiche Länder spezifische bürokratische Anforderungen und Meldepflichten eingeführt oder verschärft haben, um Missbrauch, Schwarzarbeit und Lohndumping zu verhindern. Im Folgenden sind aktuelle Beispiele für solche Hürden aufgeführt:
Frankreich: Arbeitgeber müssen vor der Entsendung eine Online-Meldung über das SIPSI-Portal des französischen Arbeitsministeriums einreichen. Seit dem 1. Juli 2017 ist zudem eine Gebühr von 40 Euro pro Entsendung zu entrichten.
Belgien: Vorübergehend beschäftigte Arbeitnehmer müssen über das elektronische Limosa-System bei der belgischen Sozialversicherung angemeldet werden. Diese Anmeldung ist obligatorisch und muss vor Arbeitsbeginn erfolgen.
Österreich: Innerhalb von drei Tagen nach Bezug einer Wohnung besteht Meldepflicht. Für Aufenthalte von mehr als drei Monaten ist eine Anmeldung bei der Aufenthaltsbehörde erforderlich.
Schweiz: Für Tätigkeiten, die acht Tage innerhalb eines Kalenderjahres überschreiten, besteht eine Meldepflicht. In bestimmten Branchen, wie dem Baugewerbe, gilt die Meldepflicht bereits ab dem ersten Tag.
Niederlande: Seit dem 1. März 2020 müssen Arbeitgeber, die Arbeitnehmer in die Niederlande entsenden, eine Online-Meldung über das niederländische Meldeportal vornehmen.
Italien: Vor der Entsendung müssen dem italienischen Arbeits- und Sozialministerium verschiedene Dokumente vorgelegt werden, darunter der Arbeitsvertrag und Zahlungsbelege.
Spanien: Arbeitgeber müssen einen Ansprechpartner vor Ort benennen und diverse Unterlagen in spanischer Sprache bei den Behörden einreichen.
Schweden: Entsandte Mitarbeiter müssen beim Zentralamt für Arbeitsumwelt („Arbetsmiljöverket“) registriert werden. Zudem muss eine Kontaktperson vor Ort benannt werden.
Norwegen: Arbeitgeber müssen sich im Handelsregister eintragen, um eine Organisationsnummer zu erhalten, ohne die Entsendungen nicht legal sind.
Luxemburg: Entsendungen müssen der „Inspection du Travail et des Mines“ (ITM) gemeldet werden, selbst wenn der Einsatz nur wenige Stunden dauert.
Polen: Seit 2016 besteht eine Meldepflicht für entsandte Mitarbeiter. Die Behörden verlangen zudem einen inländischen Ansprechpartner.
Dänemark: Entsandte Arbeitnehmer müssen bei der dänischen Arbeitsaufsichtsbehörde registriert werden. Zudem sind bestimmte Dokumente während der Arbeit in Dänemark mitzuführen.
Finnland: Arbeitgeber müssen der finnischen Arbeitsschutzbehörde eine schriftliche Meldung über die Entsendung vorlegen, bevor die Arbeit aufgenommen wird.
Portugal: Es besteht eine Meldepflicht bei der „Autoridade para as Condições do Trabalho“ (ACT) vor Beginn der Tätigkeit.
Tschechische Republik: Arbeitgeber müssen die Entsendung bei der tschechischen Arbeitsverwaltung anmelden und einen Vertreter benennen, der während der Entsendung als Ansprechpartner fungiert.
Diese Beispiele verdeutlichen, dass die Entsendung von Mitarbeitern innerhalb der EU mit erheblichen bürokratischen Anforderungen verbunden ist, die je nach Zielland variieren. Es ist daher unerlässlich, sich vor jeder Entsendung über die spezifischen gesetzlichen Vorgaben des jeweiligen Landes zu informieren und diese einzuhalten, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.
Ihre Checkliste für die Prüfung, ob Sie bei einer Entsendung auch an alles gedacht haben
Für die Entsendung von Deutschland ins Ausland haben wir eine Checkliste für Sie zusammengestellt. Diese erlaubt Ihnen eine erste, grobe Einschätzung, ob Sie bei der Entsendung eines Mitarbeiters die wichtigsten Kriterien schon erfüllen. Soweit zutreffend muss die Antwort jeweils ja lauten:
Arbeitserlaubnis und Aufenthaltstitel
Wurde geprüft, ob eine Arbeitserlaubnis / ein Aufenthaltstitel benötigt wird?
Liegt das Visum / der Aufenthaltstitel vor, bzw. ist in Bearbeitung und wird rechtzeitig erteilt?
Wurden nationale Melde- und Nachweispflichten geprüft und bearbeitet?
Prüfung auf Vorliegen einer Entsendung
Weiter in Deutschland beschäftigt?
Entgeltabrechnung in Deutschland?
Mitarbeiter bleibt weisungsgebunden an Arbeitgeber in Deutschland?
Der Einsatz ist zeitlich oder auf das Eintreten eines Erfolgs befristet?
Arbeitsrechtliche Besonderheiten
Hat der Arbeitnehmer der Entsendung zugestimmt?
Hat der Betriebsrat der Entsendung zugestimmt?
Werden Behandlungskosten im Ausland übernommen?
Gibt es einen Zusatz zum Arbeitsvertrag oder einen geänderten Arbeitsvertrag? Dort müssen mindestens Dauer, Arbeitsentgelt und Sachleistungen, Währung und Bedingungen für die Rückkehr geregelt sein
Wurde eine Rückrufklausel vereinbart?
Anwendbares Recht
Wurde eine Rechtswahl getroffen, welches nationale Recht anwendbar sein soll?
Wurde geprüft, wo die Rechtswahl durch das Günstigkeitsprinzip für den Arbeitnehmer eingeschränkt ist, bzw. wo er bessergestellt werden muss, z.B. bei Arbeitszeit / Urlaub?
Steuerrechtliche Besonderheiten
Wurde festgelegt, dass ein Wohnsitz in Deutschland bestehen bleibt? Bei ja bleibt der Arbeitnehmer in Deutschland uneingeschränkt einkommenssteuerpflichtig
Hält der Arbeitnehmer sich mindestens 183 Tage im Jahr im Tätigkeitsstaat auf?
Liegt ein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Deutschland und dem Gastland vor? Nur bei nein: Wird das Anrechnungsverfahren für im Ausland gezahlte Steuern genutzt?
Sozialversicherungsrechtliche Besonderheiten
Bei Entsendung in EU: Wurde der Verbleib in der deutschen Sozialversicherung, d.h. die sog. Ausstrahlung geprüft?
Beträgt die Entsendedauer in einen EU-Staat weniger als 24 Monate? Nur bei nein wg. > 24 Monate in die EU: Wurde über die DKVA (GKV-Spitzenverband, Deutsche Verbindungsstelle Krankenversicherung – Ausland) eine Ausnahmevereinbarung erwirkt?
Bei Entsendung in Drittstaat: Findet das entsprechende zwischenstaatliche Sozialversicherungsabkommen Anwendung und wurden ggf. freiwillig fehlende Versicherungen abgeschlossen?
Weitere Tipps zur Kostenermittlung und der Budgetierung bei Entsendungen finden Sie hier.
Irrtum und Änderungen vorbehalten. Anders Consulting erbringt keine Rechtsdienstleistungen. Trotz großer Sorgfalt bei der Erstellung keine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit und Aktualität. Stand: Frühjahr 2025