Das Vander Elst-Visum – was ist das eigentlich und wer braucht es?

Das Vander Elst-Visum – was ist das eigentlich und wer braucht es?

Werden Arbeitnehmer aus Nicht-EU-Ländern innerhalb der EU entsendet, herrscht oft Verwirrung. Und was ist dieses Vander Elst-Visum eigentlich?

Wenn Drittstaatsangehörige mit einem Aufenthaltstitel zur Beschäftigung in Deutschland ins EU-Ausland entsendet werden sollen, so herrscht oft Unklarheit, in welchem Umfang dies möglich ist. Auch der Begriff des Vander Elst-Visum taucht dann öfter auf. 

Was muss man beachten und für wen ist das Instrument des Vander Elst-Visums geeignet?

Von Christoph Anders, Gesellschafter und Mitglied der Geschäftsleitung bei ANDERS CONSULTING Relocation Service

Als Arbeitnehmer so zwischen den EU-Ländern „herumzutingeln“ ist nicht erlaubt 

Grundsätzlich gilt, wer als Staatsangehöriger eines Nicht-EU-Staats zum Beispiel einen lokalen Arbeitsvertrag in Deutschland und den passenden Aufenthaltstitel hat, z.B. die Blaue Karte, der ist nicht berechtigt, in einem anderen EU-Land einen neuen oder zusätzlichen Arbeitsvertrag einzugehen. Er benötigt dann für das Land, in dem er arbeiten möchte, einen Zugang zum Arbeitsmarkt – sprich eine Arbeitserlaubnis – und einen entsprechenden Aufenthaltstitel. In solchen Fällen sollte man frühzeitig planen, denn je nach Zielland können die Formalitäten eine längere Zeit in Anspruch nehmen.

Der Begriff der EU-Freizügigkeit führt zu vielen Fehleinschätzungen

Die Freizügigkeit des Reisens innerhalb der EU sollte einem nicht zu dem Fehlschluss verleiten, man könne als Arbeitnehmer mit einem deutschen Aufenthaltstitel für die Beschäftigung für einen neuen Arbeitgeber, z.B. in Frankreich anfangen zu arbeiten und sich anschließend um die entsprechenden Formalitäten kümmern.  Auch deutsche Arbeitgeber sollten hier nicht leichtfertig Fachkräfte mit Nationalität eines Drittstaats aus anderen EU-Ländern beschäftigen, die für Deutschland gar keine Arbeitserlaubnis haben.

Bei Entsendungen können auch Drittstaatenangehörige eingesetzt werden

Anders liegt der Fall bei sogenannten Entsendungen, d.h. der Nicht-EU-Bürger arbeitet mit dem passenden Aufenthaltstitel für einen deutschen Arbeitgeber und soll Aufgaben im EU-Ausland wahrnehmen. Im Falle einer Dienstreise, die streng genommen immer eine Entsendung ist, macht sich darüber niemand Gedanken. Selbständige Drittstaatsangehörige – auch wenn sie aus einem Drittstaat stammen – entsenden sich sozusagen „selbst“, wenn Sie im Rahmen Ihrer Tätigkeit und nicht privat innerhalb der EU eine Staatsgrenze überschreiten. Formal muss die bekannte A1-Bescheinigung zum Nachweise der Ausstrahlung schon am ersten Tag vorliegen und mitgeführt werden. Bei kurzen Dienstreisen ist das aber nicht immer die Realität. Bei längeren Aufenthalten sollte man die A1-Bescheinigung aber nicht vernachlässigen.

Raymond Vander Elst verhilft der Dienstleistungsfreiheit in der EU zum Sieg

Doch was heute selbstverständlich ist, war es nicht immer: Das Unternehmen Vander Elst aus Belgien und die französischen Behörden waren sich in den frühen 1990er-Jahren in diese Frage mehr als uneins: Durfte ein Marokkaner mit Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis in Belgien im Auftrag seines belgischen Arbeitgebers Arbeiten auf einer französischen Baustelle ausführen?

Die Franzosen, namentlich das „Office des migrations internationales“ (OMI) wollten Strafen verhängen, weil der marokkanische Arbeitnehmer keine Arbeitserlaubnis in Frankreich hätte. Man merkt sofort, dass diese Auffassung so gar nicht dazu passt, dass der Waren- und Dienstleistungsverkehr innerhalb der EU völlig frei sein sollte. Denn gerade das ist doch die Vision des gemeinsamen Marktes der EU. Raymond Vander Elst jedenfalls wollte das nicht akzeptieren und berief sich daher auf den freien Dienstleistungsverkehr in der damals noch Europäischen Gemeinschaft (EG).

Der Weg durch die Instanzen: Der EuGH gab Vander Elst 1994 schließlich Recht

Der Fall schaffte es bis zum Europäischen Gerichtshof (EuGH), wo Vander Elst 1994 am Ende mit Verweis auf die damaligen Artikel 59 und 60 des EWG-Vertrags zur Regelung des freien Dienstleistungsverkehrs in der Gemeinschaft Recht bekam (EuGH v. 09.08.1994, Az. C-43/93). Die Lösung war zudem ein spezielles Visum, das noch heute den Namen des mutigen Klägers Vander Elst trägt. Mit ihm können in EU und EWR ansässige Unternehmen Drittstaatenangehörige zeitlich befristet zur Erbringung einer Dienstleistung innerhalb der EU und des EWR entsenden, ohne dass eine Arbeitserlaubnis oder sonstige beschäftigungsrechtliche Genehmigungen erforderlich sind.

Trotz Vander Elsts Sieg bleibt der Rahmen der Dienstleistungsfreiheit eng

Auch nach dem Urteil hat die ganze Sache ihre Tücken: Ein Drittstaatsangehöriger muss also grundsätzlich, wenn er ein einem anderen EU-Land Leistungen erbringt, ein Visaverfahren durchlaufen. Dann allerdings entfallen Arbeitserlaubnis und andere Genehmigungen. Bei einer Dienstreise ins EU-Ausland gilt es also zu unterscheiden, ob zum Beispiel ein Kunde besucht oder an einem Meeting teilgenommen wird oder ob der Arbeitnehmer tätig wird und Leistungen erbringt. Im letzteren Fall kann Visumpflicht bestehen. Daher gibt es einige sinnvolle Ausnahmen, die wir hier erläutern.

Das Vander Elst-Vium kann beantragt werden, wenn…

…der Drittstaatenangehörige ordnungsgemäß im Entsendeland, also zum Beispiel in Deutschland beschäftigt ist.

…die Entsendung – wie bei Entsendungen grundsätzlich erforderlich – zeitlich oder durch ein eintretendes Ergebnis und unter Beibehaltung der arbeitsrechtlichen Bindung des entsendenden Arbeitgebers stattfindet.

…es sich bei der im Zielland ausgeführten Tätigkeit um eine befristete Dienstleistung handelt, z.B. gewerbliche, handwerkliche, kaufmännische und freiberufliche Tätigkeiten. Nicht als Dienstleistungen in dieser Hinsicht gelten dagegen Tätigkeiten, die dem Warenverkehr, dem Personalverkehr (Freizügigkeit) oder dem Kapitalverkehr zugerechnet werden.

Sonst könnte der polnische Lkw-Fahrer, der im Pendelverkehr beinahe jeden Tag in Deutschland tätig wird, seiner Arbeit nicht ohne Vander Elst-Visum nachgehen.

Aber in einer ganzen Reihe von Fällen wird das Visum ebenfalls nicht benötigt, z.B. wenn

…es sich um eine firmeninterne Entsendung handelt, also um vorübergehende Einsätze bei einer Zweigstelle oder Tochtergesellschaft des Arbeitgebers in der EU.

…es sich Drittstaatenangehörige mit einem Daueraufenthalt handelt, z.B. der Niederlassungserlaubnis. Sind diese beim entsendenden Arbeitnehmer zudem mehr als 6 Monate beschäftigt und die Tätigkeit soll 3 Monate in 12 Monaten nicht überschreiten, braucht man kein spezielles Visum und auch keine Arbeitserlaubnis für das EU-Zielland.

Zuständig sind die Auslandsvertretungen des jeweiligen EU-Ziellandes

Wer als Arbeitgeber aus Deutschland in ein anderes EU-Land entsenden möchte und für seine Arbeitnehmer das Vander Elst-Visum ein Anspruch nehmen will, wendet sich an eine Auslandsvertretung des EU-Ziellandes. Antragsteller ist der Arbeitnehmer. Leider ist das Vander Elst-Visum ein wenig „aus der Mode“ gekommen, d.h. den Auslandsvertretungen fehlt die nötige Erfahrung in der Erteilung. Das Procedere ist zudem nicht frei von Bürokratie. Dennoch sollten auf Compliance bedachte Arbeitgeber sich hier strikt an die EU-Gesetze halten und im effektiven Bedarfsfall nicht auf das Vander Elst-Visum verzichten.

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