Der Standpunkt: Braucht Deutschland ein Einwanderungsgesetz?
Ständig diskutiert die Politik ein Einwanderungs-Gesetz zur Lösung der Flüchtlingskrise - das ist Unsinn
Deutschland braucht vieles, abe kein Einwanderungsgesetz
Nein. Deutschland braucht kein Einwanderungsgesetz zur Lösung der sogenannten Flüchtlingskrise! Als Relocation-Service erleben wir jeden Tag, dass Einwanderung, die als Einwanderung qualifizierter Arbeitnehmer zu verstehen ist, nichts mit Asyl für Menschen in Not zu tun hat. Wer beides vermengt, begeht einen fatalen Fehler. Unsere Verpflichtung, jemanden aufzunehmen, der von Folter bedroht ist, hat nichts mit der Qualifizierung dieser Person zu tun.
Wissen Sie es denn noch nicht? Ohne Menschen aus dem Ausland geht unsere schöne Wirtschaft den Bach runter, die Deutschen sterben aus und die Renten sind nicht mehr sicher. Gut, das ist übertrieben, hat aber einen wahren Kern. Der Pflegenotstand ist hingegen längst Realität. Wir brauchen hochqualifizierte Arbeitnehmer, aber dieser Punkt hat mit Asyl, das wir Menschen in Not gewähren, nichts zu tun – rein gar nichts. So helfen wir als Relocation-Service Kliniken und Krankenhäusern bei der effektiven Integration von Krankenpflegepersonal aus dem Ausland.
Die Hoffnung, Asyl und qualifizierte Arbeitsmigration in einem Einwanderungsgesetz zu fusionieren, ist eine Illusion. Weil man Humanität nicht ökonomisch beurteilen darf und ökonomische Ziele nicht primär durch Humanität erreicht werden.
Und im Bereich der qualifizierten Zuwanderung, d.h. dringend benötigen Fachkräften, steht Deutschland gut da. Deutschland ist das Land in der EU, das die meisten Blauen Karten vergibt. Die Blaue Karte EU geht auf eine Initiative der EU zurück, allen Mitgliedsstaaten eine einfache Möglichkeit zu bieten, dringend benötige Hochqualifizierte von außerhalb der EU ins Land zu holen.
Dadurch sind alle EU-Mitglieder dazu verpflichtet, entsprechende Gesetze und Durchführungsbestimmungen zu erlassen. Für Deutschland heißt das: Wer einen in Deutschland anerkannten Hochschulabschluss in der Tasche hat, im studierten Berufsfeld tätig ist, über ein Mindesteinkommen von 52.000,00 Euro (in streng kontrollierten Mangelberufen 40.560,00 Euro, Stand: 2019) verfügt, der ist praktisch schon in Deutschland, soweit er einen Arbeitsvertrag oder ein verbindliches Arbeitsplatzangebot erhalten hat. Und viele deutsche Unternehmen rekrutieren aktiv außerhalb der EU, weil sie Stellen einfach nicht besetzen können! Sogar die Anerkennung der Abschlüsse ist kein Hexenwerk und der bürokratische Aufwand des gesamten Verfahrens ist für deutsche Verhältnisse moderat. Wer gar als Drittstaatenbürger in Deutschland den Abschluss gemacht hat, der bekommt im Anschluss sogar einen befristeten Aufenthaltstitel für die Arbeitssuche.
Die Blaue Karte EU ist ein Erfolg
- Erteilte Blaue Karten Deutschland
Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Auswertung des Ausländerzentralregisters, 2018
Keine Einwanderungslenkung durch die Bundesregierung
Das Gute dabei: Die Unternehmen, d.h. der Markt regelt die Nachfrage, ohne dass staatliche Institutionen und ein Einwanderungsgesetz eingreifen, wie das z.B. in dem oft von Politikern gelobten Punktesystem in Kanada der Fall ist. Das Punktesystem ist bürokratisch, langsam und teuer – und bringt am Ende gar nichts außer einer politisch kontrollierten Lenkung, die eigentlich keiner braucht. Kanada denkt darüber nach, sich vom Punktesystem zu trennen, weil es dem Arbeitsmarkt immer um Jahre hinterherhinkt.
In der deutschen Flüchtlingsdebatte mag es vielen attraktiv erscheinen, wenn der Staat das regelt, aber in Wirklichkeit müssen die Fachkräfte, die die Wirtschaft braucht, schnell und in ausreichender Zahl nach Deutschland kommen können und einen nachhaltigen Aufenthaltstitel erhalten. Und hierzulande werden nun mal in den MINT-Berufen einfach zu wenig Leute ausgebildet, um der digitalen Konkurrenz aus den USA und Asien gewachsen zu sein. Die digitale Intensität deutscher Unternehmen ist ohnehin zu gering – deutsche Ingenieure verstehen zu wenig von Digitalisierung und bauen daher lieber Dieselmotoren statt Elektroantriebe. Darüber sollten wir uns wirklich Gedanken machen!
Ohne Indien und China wäre German Engineering längst tot
- Nationalität Erteilung Blaue Karte 2017 in %
Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Auswertung des Ausländerzentralregisters, 2018
Deutschland bekommt Fachkräfte, aber die besten Leute gehen weiter in die USA
Die Blaue Karte EU ist ein Erfolg. Doch auch wer die 52.000,00 Euro nicht erreicht, kann es als Spezialist versuchen. Dann prüft die Agentur für Arbeit aber, ob es sich wirklich um eine hochspezialisierte oder eine Tätigkeit handelt, für die in Deutschland Fachkräfte fehlen, ob ein deutscher Arbeitnehmer den Vorrang hat und ob das Gehalt nicht die üblichen deutschen Niveaus unterschreitet. So müssen deutsche Bürger nicht befürchten, unfairer Konkurrenz aus dem Ausland ausgesetzt zu sein. Tatsächlich ist das deutsche Aufenthaltsgesetz in Verbindung mit der Beschäftigungsverordnung eine solide Gesetzgebung, die sich bewährt hat. Der Politik kann man nur raten: Finger weg!
Einem Mangel kann aber auch die Blaue Karte EU und könnte auch ein neues Einwanderungsgesetz nicht abhelfen: Die wirklichen Spitzenkräfte vor allem der Gegenwarts- und Zukunftsbranche IT gehen nach wie vor lieber ins Silicon Valley, nach New York oder Bosten. Die USA bieten die besten Jobs für IT-Gurus, viele Aufstiegschancen, gute Lebensbedingungen und ein attraktives Ökosystem für Unternehmertum. Da hängt Deutschland deutlich hinterher und es sieht nicht so aus, als würden Politik und Wirtschaft das Problem erkennen oder gar Lösungen finden und umsetzen. Zu Amazon, Google, Microsoft und Facebook gibt es einziges europäisches Pendant – zu gern brüsten sich die Deutschen ihres Autoexports und überlassen den Export digitaler Dienstleistungen aber lieber den USA und Asien.
Deutschland kann es am besten in Europa
- Vergleich Länder Erteilung Blaue Karte 2016 in %
Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, Auswertung des Ausländerzentralregisters, 2018
Viele Probleme sind hausgemacht - da ist ein Einwanderungsgesetz machtlos
Ein weiteres Problem sind die Unternehmen selbst und die deutsche Sprache. Deutsch ist keine Weltsprache und es zu lernen, ist nicht leicht. Dass gerade der Exportweltmeister der Welt sich so schwer tut, Top-Leute aus dem Ausland in seine Belegschaften zu integrieren, ist immer noch die Hauptursache für den Fachkräftemangel. Die meisten Unternehmen wären gar nicht in der Lage oder willens, Ausländer einzustellen – zum einen wegen der Sprache, zum anderen weil sie Angst vor den Formalitäten haben. Können die Kollegen denn kein Englisch? Gibt es etwa keine Immigration-Spezialisten? Schauen wir mal in die Start-up-Szene, denn da läuft das ganz anders: Foreigners welcome!
Lieber zahlen deutsche Unternehmen mehr oder nehmen es hin, dass die durchschnittlichen Vakanzzeiten sich mehr und mehr verlängern. Auch hier ist also wieder vieles hausgemacht und durch kein Einwanderungsgesetz zu ändern.
Und mit der Aufnahme von Flüchtlingen, denen Verfolgung, Gefängnis, Folter oder Tod drohen, einem schlichten Gebot der Menschlichkeit, hat all dies nichts zu tun. Asyl und Einwanderung sind nicht das gleiche. Einwanderung erfolgt planmäßig, Einwanderer und Aufnahmeland schließen einen Vertrag. Beim Asyl kommt ein Staat einer humanitären Verpflichtung nach. Wenn es der Politik ernst damit ist, dass Asyl zu Zuwanderung führen soll, dann müssen von der Politik die Voraussetzungen und klare Regeln geschaffen werden. Vor allem muss der Zugang zu Bildung und die Anerkennung von Abschlüssen erleichtert werden, damit der Weg in den qualifizierten Arbeitsmarkt frei wird. Hier werden durch die Pläne für Ankerzentren und Kasernierung aber die völlig falschen Schwerpunkte gesetzt. Die Politik versteift sich auf die Abschreckung weiterer Flüchtlinge statt auf eine Erfolgsstory mit denen, die schon da sind. Eine solche Erfolgsstory lässt sich gerade innerhalb einer menschlichen Asylpolitik in der Zukunft schreiben.
Fazit: Wir brauchen kein Einwanderungsgesetz! Liebe Politiker, lest Euch die geltenden Gesetze durch, redet mit Leuten, die sich mit qualifizierter Zuwanderung beschäftigen – und lasst die Finger davon. Konzentriert Euch darauf, die Herausforderungen beim Asyl zu meistern. Dieses Problem löst man nämlich nicht, indem man eins löst, das nur so ähnlich klingt…
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