Diskriminierung und Rassismus gegenüber ausländischen Fachkräften – a never ending story
15 Jahre Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) - und die Hetze und der Hass hören nicht auf
Seit 15 Jahren soll das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) das Schlimmste verhindern. Doch in Zeiten der notwendigen Fachkräfteeinwanderung sind Rassismus, sexualisierte Gewalt und Diskriminierung immer noch nicht aus der Welt. Was müssen Arbeitgeber bei der Beschäftigung von Mitarbeitern aus anderen Kulturen und Ethnien beachten und wie müssen sie auch auf ihre Belegschaften einwirken?
Von Christoph Anders, Gesellschafter und Mitglied der Geschäftsleitung bei ANDERS CONSULTING Relocation Service
Arbeitgeber haften für die betriebliche Praxis und die Belegschaft
Seit 15 Jahren gilt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Deutschland. In dieser Zeit ist auch im gesellschaftlichen Diskurs eine erhöhte Sensibilität für alle Formen der Diskriminierung und des Rassismus zu verzeichnen. Besonders „Me too“ und „Black lives matter“ sind Bewegungen, die zeigen, dass echte Gleichbehandlung vielerorts noch ein unerfüllter Wunschtraum ist. Und das auch mitten unter uns.
Das AGG hat auch am Arbeitsplatz und speziell für die Beschäftigung von Arbeitnehmern und Fachkräften aus anderen Ethnien und Kulturen, d.h. Expats und Fachkräfte aus dem Ausland, eine große Bedeutung, sind doch vor allem sie rassistischen Bemerkungen, Bedrohungen und Benachteiligungen ausgesetzt. Auch aus religiösen oder weltanschaulichen Motiven werden ausländische Arbeitnehmer vielfach gemobbt. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Verstoß vom Arbeitgeber ausgeht, sondern er haftet auch, wenn andere Arbeitnehmer sich diskriminierend verhalten und der Arbeitgeber dies nicht unterbindet.
Arbeitgebern kommt dabei auch eine Sorgfaltspflicht zu, wenn Sie Arbeitnehmer ins Ausland entsenden, wo sie unter Umständen ebenfalls Diskriminierung erleiden und die Risken noch höher sein können.
Rassismus findet statt – jeden Tag und überall
Die Benachteiligung fängt bei der Bewerberauswahl an und hört bei der Wohnungssuche in Deutschland („keine Moslems und keine Inder“) noch lange nicht auf. Wir kennen Makler, die Anfragen für indische Fachkräfte auf Wohnungssuche grundsätzlich ablehnen und sich dabei noch nicht einmal schämen.
17% der Beschäftigten geben laut einer repräsentativen Studie aus dem Jahre 2020 mit dem Titel „Rassismus im Kontext von Wirtschaft und Arbeit – Bestandsaufnahme und Handlungsoptionen“ von Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland e.V., der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst & Young und des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Civey an, dass sie bereits Zeuge von Rassismus am Arbeitsplatz wurden. 3 Prozent waren selbst das Opfer rassistischer Diskriminierung. Und die Dunkelziffern dürften nicht eben niedrig sein.
Die Formen der Diskriminierung sind vielfältig und manchmal nicht gleich sichtbar
Ziel des AGG ist es, Menschen vor verschiedenen Formen von Benachteiligungen zu schützen (§ 1 AGG). Dazu zählen Diskriminierungen aufgrund
- der ethnischen Herkunft,
- des Geschlechts,
- der Religion oder Weltanschauung,
- einer Behinderung,
- des Alters oder
- der sexuellen Identität.
Das AGG entwickelt sowohl zivilrechtliche Folgen als auch solche im Arbeitsrecht und damit am Arbeitsplatz. Der § 12 AGG verpflichtet Arbeitgeber, Maßnahmen zu treffen, um Mitarbeiter vor Benachteiligungen des § 1 zu schützen. Hierunter fällt auch immer wieder der Versuch von Arbeitgebern, geringere Löhne zu zahlen als sie deutschen Arbeitnehmern zahlen würden. Hier schiebt zwar schon die Agentur für Arbeit (ZAV) meist einen Riegel vor, weil eine Arbeitserlaubnis nur erteilt wird, wenn das Gehalt und andere Arbeitsbedingungen einer Fachkraft aus einem Drittstaat dem Niveau in der jeweiligen Position, Branche und Region in Deutschland entspricht. Ob es nicht intern doch Unterschiede gibt, und der deutsche und der pakistanische IT-Spezialist bei gleicher Tätigkeit und Qualifikation tatsächlich das gleiche Gehalt bekommen, möchte man kaum so recht glauben.
Diskriminierung schadet den Opfern und ironischerweise auch den Tätern
Zu den Pflichten eines Arbeitgebers gehört es,
- durch Schulungen der Belegschaft aktiv auf die Unzulässigkeit von Diskriminierung hinweisen und sie damit im Vorwege zu vermeiden,
- bei Verstößen durch Beschäftigte geeignete Maßnahmen zur Unterbindung der Benachteiligung zu treffen sowie
- das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz und entsprechende Beschwerdemöglichkeiten im Betrieb bekannt zu machen.
Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes verzeichnete 2020 rund 79 Prozent mehr Anfragen zur Diskriminierung aus rassistischen Gründen oder wegen ethnischer Herkunft als 2019. Die Saat der AfD und der Leute, die behaupten, „das wird man ja wohl noch sagen dürfen“, geht also auf, was Deutschland als Wirtschaftsstandort, der zur Sicherung seiner Fachkräftebasis auf Spezialisten aus dem Ausland angewiesen ist, schweren Schaden zufügt. Diese Leute sind also nicht nur fremdenfeindlich, sie schaden auch Deutschland, der Wirtschaft und der Gesellschaft.
Deutschland hat also nicht nur ein Problem mit der positiven Schaffung einer Willkommenskultur, sondern es gilt erst einmal, uralt geglaubte, negative Tendenzen der Herabwürdigung von Immigranten endlich den Garaus zu machen.
Foto: Wir danken der Antidiskriminierungsstelle des Bundes